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F-LOG-GE

Das Medium annehmen

Das Internet - genauer: das World Wide Web - ist ein revolutionäres, neues, spannendes Medium. Es ermöglicht uns viele Dinge, die wir vorher nicht oder nur mit großem Aufwand konnten. Wie mit allen neuen Medien zuvor gibt es Menschen die es verstehen, es ablehnen, es nutzen, es nicht nutzen, es ausnutzen. Wie in jedem anderen Medium auch gibt es Könner, Scharlatane, Intellektuelle, Unterhaltunskünstler. Wie mit jedem anderen Medium auch kann man gute und schlechte Inhalte verbreiten. Es ist nur ein Medium, es transportiert von Menschen gemachte Inhalte. Sind die Inhalte schlecht, ist es dem Medium nicht anzulasten. Am Ende eines Artikels von t3n über einen Rede von Ursula von der Leyen steht folgendes Zitat:

"Wir alle nutzen und schätzen das Internet. Aber wir wollen auch, dass das Internet ein Ort ist, in dem Freiheit ebenso respektiert wird wie Menschenrechte."

Streiche "Internet" setze "Buch": "Wir alle nutzen und schätzen das Buch. Aber wir wollen auch, dass das Buch ein Ort ist, in dem Freiheit ebenso respektiert wird wie Menschenrechte."

Streiche "Internet" setze "Fernsehen": "Wir alle nutzen und schätzen das Fernsehen. Aber wir wollen auch, dass das Fernsehen ein Ort ist, in dem Freiheit ebenso respektiert wird wie Menschenrechte."

Der Satz behält in diesen beiden Versionen noch immer seine Gültigkeit. Das macht ihn nicht schlecht. Es zeigt aber, wie falsch die Debatte hierzulande läuft. Nicht das Medium ist das Problem, die Nutzer sind es. Niemand käme doch auf die Idee, die Bücher an sich zu verbieten, nur weil "Mein Kampf" als Buch gedruckt wurde. Niemand würde Zeitschriften an sich in Frage stellen, nur weil es ekelhafte Pornos in Zeitschriftenform gibt.

Die Journalisten sind auch nicht alle dumm, nur weil die Existenz von BILD, "Frau im Spiegel", Kerner und den RTL2 News dies nahelegen. Haben wir nicht alle ein Recht auf Trash? Müssen wir alle die FAZ, die Süddeutsche und die Zeit lesen? Es wär toll, wenn dem so wäre, aber die Realität sieht anders aus.

In der Realität klicken tausende Menschen auf Links in teilweise oberdümmlichen Spam-Mails und fangen sich so Viren und Trojaner ein. Nicht das Medium ist Schuld daran, wenn Menschen handeln ohne zu denken. In der Offline-Welt haben wir die Entsprechung dazu in den Werbefahrten. Es gab in den letzten zwanzig Jahren genügend Aufklärung über die kriminellen Machenschaften solcher Verkaufsveranstaltungen und trotzdem fallen immer wieder Leute drauf rein.

Das Problem ist eigentlich immer der Mensch, nicht das Medium. Das sollten unsere Politiker genauso zu kapieren beginnen, wie die Journalisten, die sich an ihren Untergangsszenarien ergötzen. Sie alle sollten beginnen, das Medium als das anzunehmen, was es ist: ein dynamisches Medium, das mehr Möglichkeiten und Chancen eröffnet, als die alten Medien und das einen logischen nächsten Schritt in der Entwicklung menschlicher Kommunikation bietet.

Dies ist ein Archiv meines alten Weblogs, das von Oktober 2006 bis Dezember 2022 als Wordpress-Instanz existierte.